DER FLASCHERLZUG UND DIE GESCHICHTE VOM
STAINZER WUNDERDOKTOR HÖLLERHANSL
Weit über die Weststeiermark hinaus wurde der Rachlinger Bauer Johann Reinbacher, genannt der “Höllerhansl”, ob seiner Heilkunst gerühmt. Die Patienten mußten ein Fläschchen mit Harn mitnehmen, aus dessen Farbe und Geruch der Wunderdoktor sodann seine Schlüsse zog. Das Heiltränklein goß er oder seine Frau meist in die selbe Flasche, deren “Brunzwasser” eben noch so bedeutsam für die Diagnose gewesen war.
Johann Reinbacher wurde 1866 geboren. Schon sein Vater hatte sich als Heilpraktiker betätigt und war öfter wegen Kurpfuscherei eingesperrt, was dem Höllerhansl wegen seiner hohen Gönner erspart blieb. Eigentlich heilte der Höllerhansl nur mit Tees, deren Kräuter erfahrene Weiblein sammelten. Die berühmteste war die “Rosenkogelliesel” die stets mehrere Hüte übereinander trug und leidenschaftlich Zigarren rauchte.
Die Pilgerzüge heilungssuchender Menschen nahmen manchmal bedrohliche Ausmaße an, und oft mußten an die Wartenden Nummern ausgegeben werden. Die vielen Grazer Patienten fuhren mit dem Zug nach Preding und von dort mit der Schmalspurbahn nach Stainz. Bald hieß diese am 25. November 1892
eröffnete Lokalbahn im Volksmund “Flascherlzug”, da die meisten Benützer des Bummelzuges Fläschchen mittrugen.
Um weiter über Stainz zum Rosenkogel hin nach Rachling zu gelangen, mussten sich die Leidtragenden nach anderen Fahrmöglichkeiten umsehen oder aber zu Fuß gehen.
Für seine Ratschläge und den Tee, der in mehreren Kesseln in seinem Keller brodelte, verlangte der Höllerhansl keine Entlohnung, bekam aber ergiebige Spenden.
In seinen letzten Lebensjahren war der Wunderdoktor selbst leidend. Am 20. Jänner 1935 verstarb der tief religiöse Mann. Mit seinem Tod sind auch die Kräuterweiblein und Harzpechsammler des Rosenkogler Gebietes in eine andere Welt gegangen. Von jener Zeit künden heute nur mehr der “Flascherlzug”, das Höllerhansl – Haus in Rachling und der Schilcherwein, in dem wohl auch ein bisschen höllerhanslerische Heilkraft stecken mag.
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